Halskette aus Variszit
1862 wurde bei den ersten Ausgrabungen der Stätte von Carnac eine bemerkenswerte Variszit-Halskette aus der Jungsteinzeit aus dem Tumulus Saint-Michel ausgegraben.
Plinius der Ältere bezog sich auf diesen Stein unter dem Namen “Callaïs”. Dieser grüne Stein, der in Zusammensetzung und Farbe Ähnlichkeiten mit dem Türkis aufweist, ist eigentlich unter dem Namen Variszit bekannt.
Der Begriff leitet sich von “Variscia” ab, einer historischen Bezeichnung für die Region Vogtland in Deutschland.
Variszit wurde bereits in prähistorischer Zeit in Westeuropa als Schmuckelement verwendet. Man findet ihn vor allem an den Küsten des Atlantiks und im nordwestlichen Mittelmeerraum.
Der Schmuck, um den es hier geht, erregte bereits im 19. Jahrhundert die Aufmerksamkeit der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Als in den Gräbern der grossen Hügelgräber von Carnac die ersten archäologischen Funde von Perlen und Anhängern in einem charakteristischen Hellgrün gemacht wurden.
Jüngste Fortschritte in der Archäologie und Geologie sowie die Entwicklung neuer Methoden zur Charakterisierung von Edelsteinen haben dazu geführt, dass die Wahrnehmung und Interpretation dieser Schmuckelemente in ihrem historischen Kontext neu überdacht wird.
Ein Geheimnis, das es zu lüften gilt:
So entstanden viele Fragen, die zu einem internationalen Forschungsprogramm unter der Leitung von Guirec Querré führten:
Woher stammen die Edelsteine, die in Morbihan ausgegraben wurden? Sind sie das Ergebnis von lokalem Handel oder von Transaktionen über grosse Entfernungen?
Waren die neolithischen Zivilisationen in Westfrankreich bei der Versorgung mit Edelsteinen von einer einzigen oder von mehreren Quellen abhängig?
Haben sich die Bezugsquellen im Laufe der drei Jahrtausende, die in dieser Studie untersucht wurden, verändert?
Und schliesslich: Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Verteilung der archäologischen Stätten und der geografischen Herkunft der Edelsteine?
Ansatz zur Bestimmung der Herkunft von Edelsteinen:
In einem akribischen Prozess wurde die Herkunft der Edelsteine ermittelt, die im Herzen der grossen Grabhügel von Carnac gefunden wurden.
Zunächst wurden Variszitproben aus verschiedenen europäischen Quellen, hauptsächlich aus Westeuropa (wie der Iberischen und der Armorikanischen Halbinsel), gesammelt, um ihre geologischen Eigenschaften zu analysieren.
Eine Elementaranalyse dieser Proben wurde mithilfe der PIXE-Methode (Particle-Induced X-ray Emission) über AGLAE durchgeführt.
Anschliessend wurden die erhaltenen Daten zu einem chemometrischen Herkunftsmodell zusammengestellt, das den Vergleich der Edelsteine von Carnac mit verschiedenen Vorkommen erleichtert, darunter Palazuelo, Gava und Encinasola in Spanien sowie Pannecé in Frankreich.
Anschliessend wurden PIXE-Analysen an dem exhumierten Edelsteinkorpus durchgeführt. Da es sich um wertvolle Objekte handelt, wurden nicht-invasive und nicht-zerstörerische Methoden bevorzugt. Nachdem die Ergebnisse mit dem chemometrischen Modell verglichen worden waren, konnte die Herkunft der Edelsteine in Bezug auf die neolithische Besiedlung bestimmt werden.
Schlussfolgerungen:
Keines der Objekte stammt aus Pannecé (Bretagne). Sie haben alle einen iberischen Ursprung, was auf einen Austausch über grosse Entfernungen hindeutet.
Kein Objekt stammt aus El Bostal (Galizien).
Paradoxerweise stammen keine Artefakte aus Gava (Katalonien), obwohl es als einzige Lagerstätte mit Beweisen für neolithischen Bergbau bekannt ist. Dies legt nahe, dass der Handel auf die Atlantikseite beschränkt war und keine Interaktion mit der Mittelmeerregion stattfand.
Nur zwei Quellen wurden für die Schmuckstücke von Carnac genutzt, obwohl bislang kein Abbau vor Ort nachgewiesen wurde: Encinasola (Andalusien) und Palazuelo (Kastilien und Leon).
Die Perlen der ältesten Fundstellen stammen aus Encinasola, während die der jüngsten Fundstellen aus Palazuelo stammen, was auf eine Veränderung der Versorgung um 4000 v. Chr. hindeutet.
Quellen:
https://fr.wikipedia.org/wiki/Variscite
https://c2rmf.fr/actualite/carnac-la-parure-en-callais-du-neolithique-europeen
Video zu diesem Thema (auf französisch):
https://www.youtube.com/watch?v=Y33DDHoTrZc&t=173s